Samstag, 17. November 2012

Wunschzettelwirtschaft (Brief eines unartigen Kinds)

Liebes rot-weißes, großväterlich bebrilltes Konstrukt der Coca-Cola-Industrie,

das schweißgebadet und wirrbärtig in seinem Iglu oder Schloss oder was auch immer aufwacht - sorry, meine Vorstellungen wurden durch den Konsum von "Weihnachtsmann & Co. KG" in einem sensiblen Alter unwiderruflich verzerrt, sodass ich mich nicht an deine Immobilienverhältnisse erinnere.

Nicht einmal dein boomendes Geschäft vermag deine Therapiekosten zu decken, so stark ist deine Phobie vor Lebkuchen & in Glitzerfolie zur letzten Ruhe gebetteten Schoko-Abbildern deiner Selbst, die spätestens Ende Oktober aus goldenem Laub auferstehen, um dich heimzusuchen.

Bestimmt ist mein Name eingemeißelt auf deiner Liste der unartigen Kinder, weil ich
a) nicht an dich glaube,
b) meine Position in der Wunschzettelhierarchie nicht dadurch aufzubessern versuche, indem ich mir  so etwas wie den Weltfrieden oder ein glückliches Familienleben für alle Elefantenbabys und weißen Robben dieser Welt wünsche
c) mich in eben jenen Mob eingliedere, der bei dir schon lange vor der Adventszeit Panikattacken auslöst.

Und dann habe ich auch noch die Frechheit, dir meine Wunschliste mitzuteilen. Also, halt dich fest am Steuer deines Rentierschlittens, denn ich wünsche mir (und allen, die es durch eine grausame Fügung des Schicksals auf diese Seite verschlagen hat) ...

  • einmal in einem Laden erfolgreich shoppen zu gehen, wo man schief angeschaut wird, wenn man mit Scheinen kleiner als 100 € zahlt
  • nie wieder die Frustration über ein gerissenes Zigarettenpapier spüren zu müssen
  • keine Freunde/Bekannte/Verwandte, die mitgebrachten Alkohol in ein Lokal schmuggeln, weil das billiger kommt
  • eine schicke Scumbag-Steve-Mütze 
  • herauszufinden, was so schön ist an einem Wintermorgen, bevor man brav seine Antidepressiva geschluckt hat
  • eine salonfähigere Art von Alkoholismus
  • eine "Mir geht's gut! Mein Leben ist toll! Ich bin ein Gewinner!"-Maske, die sich selbstständig graduell verstärkt, je mieser die wirkliche Stimmung
  • dass Duckface-Girls offiziell für Tierversuche mit Kosmetik freigegeben werden - sie üben ja schon brav dafür!
  • weltweites Arschhängehosen- und Basecapverbot - bei Todesstrafe

Und wenn du mich nicht erhörst, lieber Marketingmythos, dann verwickle ich mich eben in eine Schlägerei, um mit den Trophäen aus meinem Kiefer hinterher die Zahnfee um Geld zu betrügen.

Dein Grinch.

1 Kommentar:

  1. Schön dass wenigstens du dem Weihnachtsmann noch Briefe schreibst, die man auch Lesen kann. Wahrscheinlich ist der Glaube junger "Gangster", und ähnlichem Gesocks, an den Rotbemantelten heutzutage schon sehr Früh zerstört, weil er deren Briefe einfach nicht mehr lesen kann. Vorausgesetzt die Kleinen sind nicht schon wie alle Andren zu besoffen, um überhaupt noch schreiben zu können...
    Diejenigen unter den Kleinen, die noch an den Weihnachtsmann glauben, und NICHT besoffen sind, sitzen meist vorm PC oder TV und lassen sich lieber Online von WoW und ähnlichem beschenken, währen der Rest der Familie versucht noch irgendwie Weihnachtsstimmung zu verbreiten.
    Jetzt bleiben nur irgendwie fast keine Kinder übrig für die es sich lohnt ein Weihnachtsfest aufzuziehen und deswegen liegt die Vermutung nahe, dass der Weihnachtsmann seinen Job bald an den Nagel hängt und Weihnachten ausfällt.

    Letztendlich noch: Alkohol ins Lokal schmuggeln, weil man zu wenig Geld hat ist ein NOGO. Die sollen gleich daheim bleiben, wenn sie kein Geld haben.

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